Ästhetische und künstlerische Dimensionen politischer Bildung:
Eine lebendige Demokratie ist auf die Partizipation mündiger Bürger:innen angewiesen. Sie braucht daher politische und kulturelle Bildung, die sich mit Werten auseinandersetzt und zum Engagement ermutigt.
Subjektiven Annäherungen soll mehr Raum gegeben werden als das bei konventionelleren Vermittlungsformen möglich wäre, um die Eigenaktivität der Teilnehmenden anzuregen und sie zu ermutigen, ihren Eindrücken auch in nonverbalen Formen Ausdruck zu geben.
Bei der Informationsfülle fehlt es an Orientierung, der Bedarf an Identitätsvermittlung ist deutlich gewachsen.
Potenziale von Kunst und Kultur: „Hier können Übertreibungen, Gewagtes oder Skandalöses Raum bekommen, Komplexes darf inbegriffen zur Disposition gestellt werden, Eindeutigkeiten und Festlegungen sind nicht verlangt. Künstlerischer Ausdruck und ganzheitliche Erfahrungen brechen das Primat des Analytisch-Kognitiven, das für politische Bildung lange Zeit konstitutiv erschien. Politische Bildung mit kulturellen, künstlerischen oder ästhetischen Mitteln befriedigt auch Bedürfnisse nach individueller, subjektiver Auseinandersetzung mit Grundfragen der politischen und gesellschaftlichen Entwicklung“
„Kulturelle Bildung beansprucht eine besondere Affinität zugunsten von Phantasie, Kreativität, Imagination, Transformation bis zu Grenzüberschreitungen, Fremdheitserfahrungen, Utopie, Spiel und Experiment.“
Politik soll wieder mehr in der Gesellschaft verankert werden. Die dabei entstehenden Impulse können die bestehenden Strukturen beeinflussen. Die Betonung liegt hierbei auf der Stärkung des Subjekts für eine starke personale Identität. Bildung soll nicht mehr als linear-planbaren endsubjektivierten Verlauf begriffen werden, sonden eben in die biografische Verantwortung und Dimension des Subjekts, des „ganzen Menschen“, auch in jeweiliger Kompetenz als Kind, Jugendlicher stellen.
Ästh-etik: zwischen Sinn und Sinnlichkeit, als Lehre und Wissen der sinnlichen Erkenntnis, des Gefühls, der anschaulichen und sozusagen in Form gebrachten Wahrnehmung und Gestaltung, auch mit durchaus inhaltlichem Anspruch.
Erkenntnis sowie Handlungsmaxime sowohl für kulturell-ästhetische wie für politisch-soziale Bildung ist die Lebenskompetenz als Bildungsweg und in positiver balance von Selbst. Und Weltbezug bedarf jenseits aller präzisierten und spezialisierten Inhaltsfragen des funktionierenden Zusammenspiels von ästhetischen und ethischen Aspekten menschlicher Existenz.
Leitbild: lerne dein eigenes Leben aktiv und kreativ zu gestalten entsprechend deiner Potenziale und Interessen und in Einklang mit Natur und Gesellschaft.
Quelle: 
deutscher Bildungsstätten, Arbeitskreis, „Ästhetische und künstlerische Dimensionen politischer Bildung“, Ausgabe 3 (2009)
Die Kunst der Partizipation
Was sind spezifische Qualitäten und Zustände des Ästhetischen im Hinblick auf die frage der Partizipation, vor dem Hintergrund der nach wie vor intensiv geführten Debatte über die Krise der repräsentativen Demokratie.
These: In künstlerischen Interventionen verbirgt sich ein großes Partizipationspotenzial.
Weitgehend Übereinstimmung besteht darin, dass die Übergänge zwischen sozialer und politischer Partizipation fließend sind, sich nicht klar voneinander abgrenzen lassen, sondern sich vielmehr gegenseitig beeinflussen und ergänzen (fast jedes Handeln, auch innerhalb eines explizit nicht-politische abgegrenzten Umfeldes, kann politische Dimensionen im Sinne von politischer Bedeutsamkeit annehmen).
Partizipation wird in der vorliegenden Arbeit handlungstheoretisch gedacht und mit Norbert Kerstin definiert als „performative(n) Praxen, die in der praxis Demokratisierung erlebbar machen und dadurch „Demokratie als Erfahrung“ in Existenz bringen.
Politikwissenschaft findet ihre Gegenstände meist auf der Meso- bzw. der Makroebene. Künstlerische Interventionen im Stadtraum werden kaum berücksichtigt oder gar als eine mögliche substantielle Weiterentwicklung von politischer Partizipation diskutiert.
Umberto Ecos Begriff des „offenen Kunstwerks“: Es geht immer weniger um die Herstellung von Artefakten und Objekten denn von Ereignissen und Situationen. Heterogenität einer Kunstpraxis. Anliegen ist es, diese Praxis im Hinblick auf ein jeweils charakteristisches Moment zu systematisieren: das Aktivistische, das Soziale, das Relationale, das Dialogische, das Situative, das Kollaborative, das Kollektive oder das Partizipative
Partizipatorische Kunst:
- Die Intention zur Partizipation im weitesten Sinne einer Handlungsaufforderung
- Ein performativ entworfener Rezeptionsvorgang, also die tatsächliche Aufführung einer Handlung entgegen einem rein intellektuellen nachvollziehen und prozessualer Verlauf
Teilnehmende Beobachtung als Methode: Synthetische Wahrnehmung (besondere Form der Wahrnehmung, wobei man äußere Reize nicht nur über eine Sinnesempfindung erfährt)
Process Institute (Participatory public art example):
„Andere Menschen zu Eigeninitiative und einem möglicherweise längerfristigen Engagement zu inspirieren - dieses Motiv wird als persönliche Antriebskraft und zur Legitimation der gesellschaftlichen Relevanz der eigenen Kunst (v)erklärt.“
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